Mittwoch, 8. Juni 2016

"Ein Bier kannst Du schon trinken. Aber das mit dem Sport würde ich lieber lassen!" - Das Problem mit der weltbesten Ausrede für einen ungesunden Lebensstil

Hier kommt mein Bericht über die erste Halbzeit - und nein, es geht ausnahmsweise nicht um Fußball, sondern um meine ganz persönlichen Erfahrungen aus den ersten 20 Schwangerschaftswochen...

Der Test

Du pinkelst auf dieses Plastikstäbchen und es erscheint ein dünner zweiter Streifen. Erster Gedanke: "Nö, der ist so dünn, das hat nichts zu bedeuten". Zwei Tage später zeigt Test Nummer zwei erneut dieses vermeintlich bedeutungslose Ergebnis. Die Antwort auf eine MMS an die beste Freundin, die zufällig vom Fach ist, bestätigt auch nicht gerade meine Vermutung, dass es sich hierbei um einen Irrtum handelt. Also gut, lass mal zum Arzt gehen demnächst!

Oh Shit, da war was!

Als ich das zweite Mal vor einem dünnen zweiten Streifen saß und mich wunderte, war Freitag vor dem Samstag, an dem ich meine Ausbildung zum deepWORK Instructor beginnen wollte. Freitag vor dem Mittwoch, an dem ich für fünf Tage mit lauter verrückten Trainer/-innen und Sportfreaks in den langersehnten "Boot-Camp-Urlaub" fahre, bei dem täglich mehrere Stunden Tôsô X (eine gaaaanz entspannte Sportart) und sonstige Workout-Gemeinheiten auf dem Programm stehen. Also gut, lass mal vielleicht doch gleich noch beim Arzt anrufen und fragen, ob was dagegen spricht, mit dem so geschätzt drei Wochen alten Zellkonstrukt im Bauch, aus dem später mal ein Kind werden soll (hab ich mal in der Schule gelernt) sechs Stunden am Tag rumzuspringen. "Nö, wenn sie das gewohnt sind, machen sie ruhig. Lassen Sie nur das Hüpfen weg und machen Sie Pause, wenn Sie sich unwohl fühlen." Aha!

Sport beginnt für mich eigentlich erst so richtig an dem Punkt, an dem ich merke, dass mein Körper jetzt gerne aufgeben würde. Der Punkt, an dem man ein "Unwohlsein" zur Seite schiebt und gegen den Widerstand weiterkämpft. Schließlich heißt es ja "magic happens outside of the comfort zone" und so! Das heißt also, ich muss ab sofort beim Warm-Up aufhören? Und was heißt überhaupt nicht hüpfen? Im Aerobic-Instructor-Fachjargon nennt man das "High-Impact" und meint damit jede Bewegung, bei der beide Füße kurzzeitig den Kontakt zum Boden verlieren. Das passiert mir auch, wenn ich schnell die Treppe runterlaufe. Ohje, muss ich ab sofort immer den Aufzug nehmen? Was, wenn es keinen gibt? Was passiert, wenn ich schnell über die Straße laufen muss, um nicht überfahren zu werden? Google ist bei Beantwortung dieser Fragen keine große Hilfe. Wer dort wissen will, ob man in der Frühschwangerschaft Sport machen darf, der findet heraus, dass man allein vom Gedanken daran schon sich, das Kind und die ganze Menschheit dem Untergang weiht. Morituri te salutant, all men must die... Oh nein, wir werden alle sterben und ich bin schuld!!!

Ich atme erst mal tief durch! Die deepWORK-Ausbildung war toll und die Sportreise ebenso. Ich hab dann eben ein bisschen öfter Pause gemacht. Was für ein blöder Zufall, dass es im Hotel einen wunderschönen Wellnessbereich gab. Die Ultraschall-Untersuchung eine Woche nach meiner Rückkehr hat bewiesen, dass auch ein dünner Streifen ein Streifen ist, aber alles so ist, wie es sein soll. Ein Fragezeichen weniger und so viele neue kommen auf einmal dazu...

Auf der Suche nach Antworten

Schnell musste ich feststellen, dass es schwierig ist, an wirklich empirisch belegte und zugleich konkrete Infos zum Thema Sport in der Schwangerschaft zu kommen. Es traut sich wohl (verständlicherweise?) keiner, einen groß angelegten Feldversuch zu machen. Mit Aussagen wie "Du darfst schon weitermachen, aber nur solange Du es nicht übertreibst" kann man nicht allzu viel anfangen, wenn man Sport ein wenig weiter definiert als zwei Mal im Monat mit Nordic-Walking-Stöcken in der Hand zur Konditorei zu gehen. Meine erste wirklich große Hilfe bei der Suche nach Antworten war der Arbeitskreis Sport und Schwangerschaft der Deutschen Sporthochschule Köln: http://www.dshs-koeln.de/psi/sus/. Neben einer ganz brauchbaren Literatur- und Linkliste kann man sich dort auch individuell beraten lassen. Man schreibt eine E-Mail, beschreibt darin sein aktuelles Training und bekommt wirklich gute Tipps dazu, worauf man in welcher Phase der Schwangerschaft achten sollte. Das war zumindest mal ein Anfang und ein großer Fortschritt im Vergleich zu den sich gänzlich widersprechenden Aussagen aus Frauenzeitschriften und sonstigen tollen Ratgebern.
 
Mein grundlegendes Verständnis eines gesunden Körpers basiert darauf, dass dieser Körper (neben einem gesunden Geist - aber das ist ein anderes Thema) Nährstoffe und Bewegung braucht. Mein grundlegendes Verständnis einer Schwangerschaft sagt mir, dass ich meinem ungeborenen Kind als Haus für seine ersten neuneinhalb Monate einen möglichst gesunden Körper zur Verfügung stellen soll, in dem es sich ganz auf seine Entwicklung konzentrieren kann. Daraus leite ich ganz naiv die Hypothese ab, dass ich nicht ausgerechnet jetzt damit aufhören sollte, mich gesund zu ernähren und Sport zu treiben.

Wie trainiere ich?

Mein Krafttraining habe ich also komplett auf Kraftausdauer umgestellt (ganz einfach gesagt: 3 x 20 Wiederholungen mit verhältnismäßig wenig Gewicht), wobei ich versuche, überwiegend komplexere Ganzkörperübungen und bevorzugt Übungen im Stehen (statt Sitzen oder Liegen) einzubauen. Warum? Weil ich mir einbilde, dass es wohl besser ist, den ganzen Körper zur Durchblutung und damit zur optimierten Sauerstoffversorgung anzuregen, als durch zu isoliertes Training den Blutfluss lokal zu verstärken und dafür eventuell anderswo temporär einbüßen zu müssen. Ob das medizinisch belegbar ist, müssen diejenigen herausfinden, die sich damit auskennen. Ich persönlich fühle mich damit einfach besser. Die geraden Bauchmuskeln lasse ich aktuell natürlich soweit es geht außen vor. Eine Rektusdiastase will ich nicht riskieren (http://www.netdoktor.de/krankheiten/rektusdiastase/). Auch übermäßige Belastungen des Iliopsoas versuche ich zu vermeiden, da ich die Gefahr von myofaszialen Beschwerden und Disfunktionen möglichst gering halten will. Bei mir haben Übungen, die die innere Hüftmuskulatur stark beanspruchen, schon früher Regelschmerzen verstärkt und Stress auf das Iliosacralgelenk ausgeübt. Ich nehme an, das liegt daran, dass die Muskeln, Faszien und Bänder in dieser Region einfach gerade mit anderen Dingen beschäftigt sind als mit Squats. Dafür arbeite ich nun noch gezielter an der Stärkung meiner Rückenmuskulatur. Bislang hat es sich gelohnt: Noch habe ich nicht ansatzweise etwas gespürt von den Beschwerden, die mir in sämtlichen schlauen Ratgeber-Heftchen spätestens ab Beginn des zweiten Trimenons in Aussicht gestellt wurden.

Was Tôsô X, deepWORK & Co. angeht, ist mein Motto weiterhin "Rock 'n' Roll". Die Anzahl und Dauer der kleinen Pausen zwischendurch hat nur etwas zugenommen. Erstens, weil ich einfach mittlerweile merke, dass mir das Atmen nicht mehr ganz so leicht fällt und sich das auch auf meine Kondition auswirkt. Und zweitens, weil es jetzt gerade nicht darum geht, Höchstleistungen zu liefern, sondern einfach nur darum, eine gute Zeit zu haben und den Alltags-Ärger mal auszublenden. Mein Körper und meine Seele brauchen das. Meine Kursteilnehmer/innen finden meine Version von Schwangerschaftsgymnastik alles andere als entspannend. Aber da haben sie Pech! So lange es geht, mache ich weiter. Anfangs habe ich mit einem Pulsgurt versucht, mich im Zaum zu halten. Das hat mich noch mehr gestresst als mein hoher Puls. Ich habe von Haus aus leicht mal eine Herzfrequenz von 170 bpm und mehr. Ich erhole mich aber genauso schnell wieder und mein subjektives Empfinden, auf das man ja immer ausweicht, wenn man sich zu keiner eindeutigen Aussage hinreißen lassen will, sagt, dass es ok ist so. Was zählt mehr? Der Puls oder die gute alte "Du musst dich noch unterhalten können"-Regel? Ich kann mich jedenfalls mit meinen Leuten im Kurs noch unterhalten bzw. sie dezent darauf hinweisen, dass noch acht Wiederholungen zu absolvieren sind. Nahtod sieht wohl ander aus?!

Beim Laufen habe ich den Dreh noch nicht heraus. Man soll in der Schwangerschaft darauf achten, zwischendurch den "Beckenboden mitschwingen" zu lassen, habe ich gelesen? Keine Ahnung, was das bedeuten soll. Lockerlassen? Mein größtes Problem am Joggen ist, dass mich spätestens fünf Minuten nachdem ich das Haus verlassen habe, die Blase drückt. Wenn ich dann noch den Beckenboden locker lassen soll, würde das bedeuten, dass ich mir schon nach den ersten paar Metern in die Hose pinkeln würde. Auch blöd irgendwie. Vielleicht lasse ich es auch einfach, fange nächstes Jahr mit den ersten Sonnenstrahlen wieder an und schieb den Kinderwagen dabei vor mir her.

Bester Tipp aus einem der schlauen Ratgeber: "Sie sollten jetzt darüber nachdenken, einen Sport-BH zu tragen". Aha! Bislang war der also völlig überflüssig? Gut zu wissen... Mädels, macht euch frei, werft die BHs weg, vor dem 6. Schwangerschaftsmonat braucht ihr sowas nicht!

Wie esse ich?

Lassen wir mal die ersten Monate außen vor, in denen ich mit Übelkeit zu kämpfen hatte und froh war, wenn ich ein paar Nudeln mit Soße oder Wienerwürtstl runter gebracht hab. Ich esse wie sonst auch: wenn möglich mit Genuss. Genuss heißt in meiner Definition aber auch, das Gefühl zu haben, etwas Gutes für mich und meinen Körper zu tun. Wenn man wirklich "ist was man isst", möchte ich keine ekelhafte Kombination aus Transfetten, Zucker und Geschmacksverstärkern sein. Natürlich esse ich Schokolade, auch als Brotaufstrich, und wenn es blöd läuft auch mal mit dem Löffel. Über die Jahre habe ich mir aber den Geschmack des pappsüßen Marktführers abgewöhnt und greife mittlerweile freiwillig zu Varianten aus Rohrohrzucker mit hohem Kakaoanteil. Kuchen und sonstiges Süßgebäck? Bitte gerne und zwar möglichst viel davon! Aber auch hier tun Vollkornmehl, Rohrzucker und naturbelassene Zutaten dem Geschmack definitiv keinen unvertretbaren Abbruch.

Und ja, ich esse für zwei. Das heißt, es geht nicht mehr nur um meinen persönlichen Genuss, sondern auch darum, mein Kind möglichst mit dem Besten zu versorgen, was ich bekommen kann. Die paar Kilokalorien, die ich nun zusätzlich brauche, stecken in einer halben Scheibe Brot mit Käse. Daher ist die Nährstoffzusammensetzung meiner Nahrung jetzt das wichtigere Kriterium, nicht die Menge. Lebensmittel, bei denen man Chemie studiert haben muss, um zu verstehen, was drin ist, reduziere ich so weit es geht. Darunter fallen auch viele Supplemente, sodass ich nun einmal mehr versuche, meinen Eiweiß- und Vitamin-Input über möglichst frische und wenig verarbeitete Nahrungsmittel statt über Shakes und Pillen sicherzustellen. Auch auf hochwertige Öle und Fette achte ich noch mehr und baue möglichst oft Avocados, Fisch, Leinöl, Nüsse usw. in mein Essen ein. Spargel und Erdbeeren helfen, überflüssiges Wasser loszuwerden und Obst brauche ich sowieso schon morgens zum Frühstück. In Tablettenform führe ich lediglich Folsäure (weil ich den Medizinern glaube, dass es wichtig ist), phasenweise Eisen (weil das schon immer meine Schwachstelle war) und Magnesium zu (weil es mir ebenfalls von meiner Ärztin empfohlen wurde und es mir einfach gut tut). Der Kohlenhydratanteil meiner Nahrung ist wahrscheinlich gerade etwas höher als sonst. Manchmal ist es einfach leichter, Carbs zu essen. Vor allem wenn es schnell gehen muss und zwischen zwei Terminen auf einmal der Unterzucker-Schwindel droht, bevorzuge ich es jetzt, an einem meiner Not-Müsli-Riegel aus dem Handschuhfach zu knabbern, während ich früher eher gewartet hätte (und warten hätte können), bis ich etwas "Ordentliches" bekomme. Ob die Kohlenhydrate nun gegen die Kreislaufbeschwerden helfen oder die Unterzuckerphasen durch die höhere Kohlenhydratzufuhr mit bedingt werden, kann ich schwer sagen. Ich versuche zumindest, die Qualität der Kohlenhydrate möglichst hoch zu halten und statt auf zuckersüße Weißmehlkekse auf Vollkornprodukte, Obst oder Kartoffeln zurückzugreifen.

Über die Hälfte aller Schwangeren leidet angeblich unter Blähungen, Darmträgheit und Verstopfung. Der Druck des wachsenden Uterus auf den Darmausgang sowie die hormonelle Umstellung sollen die Verarbeitung von Nahrungsmitteln im Verdauungstrakt verlangsamen. Vielleicht leidet der Darm mancher Schwangerer aber auch darunter, dass sie auf einmal vermehrt Dinge essen, die ihn einfach nur langweilen? Ballastoffe sollten helfen! Mein selbstgemischtes Müsli enthält jedenfalls neben Vollkornflocken und Körnern auch ein paar Chiasamen, Leinsamen und Flohsamenschalen. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist dabei natürlich essentiell. Mehr kann ich dazu zum Glück (noch?) nicht sagen.

Ich denke, dass das übermäßige Verlangen nach ungesunden Lebensmitteln oft erst durch eine nährstoffarme Ernährungsweise hervorgerufen wird. So vermutet man zum Beispiel hinter der Extremform dieses Phänomens, dem sogenannten Pica-Syndrom (https://de.wikipedia.org/wiki/Pica-Syndrom) während der Schwangerschaft häufig einen unbehandelten Eisenmangel. Teufelskreis! Aber ja, natürlich esse auch ich Eis, Pizza, Apfelstrudel, Schokoriesen und Burger. Was wäre es für ein Leben ohne all diese wunderbaren Dinge? Und ja, natürlich würde ich diesen Gelüsten gern jeden Tag nachgeben wollen. Ich versuche mich damit zu trösten, dass all diese Dinge noch viel besser schmecken, wenn man sie nicht immer hat. Der Rest ist eiserne Disziplin - schwanger oder nicht.

Ein Bier ist ok, Du musst mehr essen, das mit dem Sport würde ich lieber lassen, blabla...

Bevor jetzt gleich die Hasstiraden ausgepackt werden: Es geht hier nur um meine persönlichen Erfahrungen und meine subjektive Meinung. Mein Körper, meine Entscheidung. Ich habe das Glück, dass es mir die letzten Monate weitestgehend gut ging und ich die Entscheidungen darüber, was ich esse und wie ich mich bewege ohne große Einschränkungen für mich selbst treffen konnte. Vielleicht ist der Zusammenhang aber auch umgekehrt und es geht es mir mitunter wegen meiner Lebenseinstellung auch in dieser für den Körper anstrengenden Zeit verhältnismäßig gut. Ich würde mir diesbezüglich nie ernsthaft ein Urteil erlauben, weil mir einfach die Belege fehlen. Ich für mich befolge die Regel: "Wenn es der Mutter gut geht, geht es dem Kind gut". Und mir geht es eben gut, wenn ich mich bewege und gesund ernähre. Jede muss für sich selbst entscheiden, womit sie sich gut fühlt und natürlich gibt es Kontraindikationen, die vor allem gegen Sport sprechen und absolut ihre Daseinsberechtigung haben. Zum Glück gibt es Ärzte/-innen und Hebammen, die einen in solchen Fällen professionell beraten können. Aber bitte, bitte, bitte, ihr selbsternannten Experten und Expertinnen, lasst mich mit euren unhinterfragten Ratschlägen und Stammtischweisheiten in Ruhe! Ihr habt persönliche Erfahrungen gemacht, euch intensiv mit dem einen oder anderen Thema beschäftigt? Wunderbar, dann lasst uns darüber diskutieren. Aber auf ein "Das war schon immer so.", "Ich weiß nicht warum, aber ich glaube, es ist nicht gut!" oder "Das hab ich mal irgendwo gelesen." habe ich einfach keine Lust. Ich sehe keinen Grund dafür, in der Schwangerschaft Alkohol zu trinken und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es für ein Kind tatsächlich besser ist, mit Nikotin vergiftet zu werden, anstatt an angeblichen "Entzugserscheinungen" zu leiden. Witzig, dass sich solche Empfehlungen nach wie vor genau so hartnäckig halten wie die Vorstellung, sich schonen zu müssen, bedeute gleichzeitig sich auf seinen Hintern zu setzen und neun Monate nicht mehr aufzustehen. Die armen Bandscheiben! Ich würde umgekehrt auch niemandem vorschreiben, sich für Sport und gesunde Ernährung in der Schwangerschaft zu entscheiden. Ich kann nur aus meiner persönlichen Perspektive berichten, dass es mir bislang dabei geholfen hat, mit der ein oder anderen unangenehmen "Nebenwirkung" klarzukommen. Gerade in den ersten drei Monaten hatte ich mit Übelkeit, Kopfschmerzen und extrem niedrigem Blutdruck zu kämpfen, der es mir gefühlt schier unmöglich gemacht hat, mich zu bewegen. Sport (natürlich in komplett entschärfter "Der-Weg-ist-das-Ziel-Version") hat am Ende immer geholfen, auch wenn es mir nie zuvor schwerer fiel, mich aufzuraffen.

Das ewige Dilemma mit den Ausreden

Fakt ist: Es gibt immer eine Ausrede, warum man sich nicht gesund ernähren und mehr bewegen kann. Eine Schwangerschaft ist offenbar eine so gute, dass wir sogar rechtlich verpflichtet sind, betroffenen Damen ein Sonderkündigungsrecht bei ihren Fitnessstudiomitgliedschaften einzuräumen. Aber Ladies und Mütter der Nation, wollt ihr nicht irgendwann wieder damit anfangen, fit zu werden? Schließlich sind wir doch hoffentlich "nur" schwanger und nicht für den Rest unseres Lebens todkrank! Ich habe aber den Eindruck, dass man sich mit diesen Argument noch ganz gut in Sachen Sport und Ernährung auf die faule Haut legen darf und sich die gesellschaftliche Ächtung in Grenzen hält. Fluch und Segen zugleich?

Ich will auch gar kein Foto von Dir!

Nein, die meisten von uns sind keine Top-Model-Mums und von sich oder anderen zu erwarten, dass man drei Wochen nach der Geburt eines Kindes aussieht, wie wenn nie was gewesen wäre, ist Bullshit. Zum Glück gibt es auch Frauen in der Öffentlichkeit, die sich genau von diesen Zwängen distanzieren. Erst kürzlich hat Dr. Christine Theiss auf ihrer Facebook-Seite einen Artikel der Bunten kommentiert, in dem man sie für ihre Topfigur so kurz nach der Schwangerschaft gelobt hat: "Ich will nicht, dass sich andere Mütter wegen solcher Bilder unter Druck gesetzt fühlen. Ja, es gibt Übungen und Tricks, die Euch dabei helfen, fit durch die Schwangerschaft zu kommen und danach schneller zur alten Figur zurückzukehren. Aber jeder Körper hat seinen eigenen Rhythmus und eigene Voraussetzungen. Natürlich wäre es toll, wenn sich alle Mamas in ihrem Körper wohlfühlen. Aber sie selbst sollen den Zeitrahmen vorgeben und nicht die Meinungen von außen. Druck bewirkt oft nur das Gegenteil. Mamas, macht Euch nicht verrückt". Große Worte einer großen Sportlerin! Und ich gebe ihr in allen Punkten recht: Ist das wichtigste am Training und an der ausgewogenen Ernährung vor (und nach?) der Geburt nicht die Tatsache, dass man sich in seinem Körper einfach wohler fühlt und man allgemein belastungsresistenter ist, wenn man sich fit und gesund hält? Schade, dass die sozialen Erwartungen sich teils so sehr auf Äußerlichkeiten konzentrieren und vor allem durch die Medien oft ein ungesunder und völlig unnützer Druck aufgebaut wird - auf prominente wie nicht prominente Mütter. Und ich bin fest davon überzeugt, dass es den Zwergen gänzlich egal sein wird, ob Mama fünf Kilo mehr oder weniger mit sich rumträgt, solange sie sich gut fühlt.


Ich glaube trotzdem, dass mir eine gewisse Grundfitness bei der Geburt und in der Zeit danach helfen wird. Sollte sich das am Ende alles als völlig irrelevant herausstellen, dann ist es auch egal, denn auf dem Weg dahin hat es mir ein wenig von der Angst genommen und mir ein stärkeres Vertrauen in meinen Körper gegeben. Denn beim Sport habe ich gelernt, dass mein Limit weit höher liegt, als ich mir je zugetraut hätte. Immerhin habe ich die Kämpfe gegen die eigenen Willens-, Kraft- und Leistungsgrenzen, gegen den Schmerz und den Wunsch aufzugeben, am Ende immer überlebt und bin an jeder dieser Erfahrungen ein kleines Stück gewachsen. Challenge accepted, frühestens in 20 Wochen kann ich wirklich beurteilen, was die bislang schwerste körperliche Herausforderung meines Lebens war. Wenn ich dann noch Zeit für so etwas habe, werde ich berichten. Ich muss jetzt dringend ein paar Eisen biegen gehen! Over and out.