Mittwoch, 14. Oktober 2015

"Fressen bis der Arzt kommt vs. Hungern für die Arterhaltung" - Kommt nicht am Ende dann doch wieder nur Scheiß dabei raus?



In letzter Zeit war es sehr ruhig in meinem Block …äh in meinem Blog. Leider hatte ich keine Zeit dazu, irgendetwas zu schreiben. Ich war damit beschäftigt war, jede einzelne zu mir genommene Kalorie aufzuzeichnen und tiefenpsychologisch zu analysieren. Das macht man doch so heutzutage, oder? „Christiane hat heute bereits 250 kcal eingespart und genug Ballaststoffe gegessen, um morgen gesunden Stuhlgang zu haben. Folge ihr auf Speckbook und hilf ihr dabei, motiviert zu bleiben!“ Die wenige Zeit, die mir dann noch blieb, habe ich damit verbracht, Diätbücher und Ernährungsblogs zu lesen, mich in Foren mit anderen Abnehmwilligen auszustauschen oder sogar im realen Leben Menschen zu treffen, mit denen ich auf professioneller Ebene Fachwissen diskutieren konnte.

Ketogen, anabol und HCG – glaube keiner Diät, an der Du nicht selbst gescheitert bist!

Hier kommt ein kleiner Auszug meiner Selbstversuche, die ich hier selbst zu vergleichen versuchen werde: Während ich schon vor einer ganzen Weile erst die ketogene und dann die anabole Diät getestet habe, war mein diesjähriges Projekt auf dem Weg zum nachhaltigen Stoffwechselschaden die sogenannte HCG-Diät. Worum geht’s? Experten mögen mir verzeihen, dass ich der Übersichtlichkeit halber die jeweiligen Konzepte mit ein paar wenigen Sätzen zusammenfasse, wohlwissend, dass alles viel komplexer ist, als dass man es überhaupt in Worte fassen könnte.
Die ketogene Diät ist laut Wikipedia „eine kohlenhydratlimitierte, protein- und energiebilanzierte und deshalb fettreiche Form der diätetischen Ernährung, die den Hungerstoffwechsel in bestimmten Aspekten imitiert. In dieser Ernährungsform bezieht der Körper seinen Energiebedarf nicht mehr aus Fett und Glukose, sondern nur noch aus Fett und daraus im Körper aufgebautem Glukoseersatz, den namensgebenden Ketonkörpern.“ Das heißt: Du schraubst die Kohlenhydratzufuhr auf das absolut unvermeidbare Minimum herunter und versuchst den Körper so zu zwingen, sich seine Energie nahezu ausschließlich über den Fettstoffwechsel zu ziehen. Das klingt erst einmal recht einfach, aber wenn man bedenkt, dass auch viele Gemüsesorten bereits geringe aber unter Umständen relevante Kohlenhydratmengen enthalten, muss man bei dieser Form der Ernährung definitiv ein großer Fan tierischer Produkte sein. Auch Nüsse und Öle sind erlaubt.
Tag eins meiner Umstellung auf die ketogene Ernährung war von einer großen Prüfung geprägt: Geburtstag einer Kollegin und es stehen drei Blech Kuchen in der Teamküche. Da man mich kennt, fragt man mich im 10-Minuten-Takt, warum ich mir denn noch nichts geholt hätte und ob man mir was mitbringen soll. Puh… Tough Shit! Die nächsten Wochen verlaufen ähnlich. Schon schnell stellt sich heraus, dass viele Menschen offenbar absolut keine Ahnung davon haben, was Kohlenhydrate sind. Selbst die Köchin der Firmenkantine ist ganz enttäuscht, weil sie mir vor lauter Freude darüber, meine neuen Gewohnheiten endlich verstanden zu haben eine indische Reispfanne anbieten will und ich ihr sagen muss, dass Reis leider auch nicht drin ist. Also nehme ich nur das indisch gewürzte Fleisch – ohne Reis und ohne Soße. Die Arme hat es genauso gut gemeint wie meine Mutter, die glaubt, dass ein paar Toffifee  noch niemandem geschadet haben. Ein Stück: 4,8 g Kohlenhydrate. Bei einer maximal empfohlenen Kohlenhydratzufuhr von 30 g am Tag knallt das ganz schön rein, wenn man bedenkt, dass auch die Milch im Kaffee und der Fruchtzucker in der halben Paprikaschote ähnliche Werte mit sich bringt. Auch wenn ich festgestellt habe, dass ich glücklicherweise bis zu 60 Gramm Carbs vertrage ohne aus dem ketogenen Stoffwechsel zu fallen, habe ich dann lieber verzichtet. Woher ich das mit den 60 Gramm weiß? Na logisch: ich habe mehrmals täglich auf einen Streifen gepinkelt, wie das Kranke …äähhh... Ernährungsexperten eben so tun. Ketostix, mein Freund und Helfer! 

Das Verständnis in meinem „normal gebliebenen“ Umfeld für meine Ernährungsform hat sich genauso schnell  verabschiedet wie mein Bedürfnis nach Süßigkeiten. 1:0 für die ketogene Diät, aber auch völlig wurscht, mit mir will sich eh keiner mehr zu Kaffee und Kuchen treffen, das ist viel zu kompliziert und macht keinen Spaß, weil man sich nicht versteht. Dann lieber alleine an der Wurscht knabbern und das acht Mal am Tag. Nach mehreren Wochen diszipliniertem Kohlenhydratverzicht muss ich feststellen, dass ich zugenommen habe. Im Nachhinein betrachtet völlig logisch. So habe ich vor lauter „Esse so viel Fett wie du kannst“ vergessen, dass es am Ende doch auf die Gesamtbilanz ankommt und so ein Tütchen Macadamias zwischendurch eben schon mal ein Drittel meines Tagesbedarfs ausmacht. Wenn man die Nüsse noch mit Butter bestreicht, um ja sicherzustellen, dass alles klar ist auf dem Keto-Pipi-Streifen wird das nicht besser. Fairerweise muss man aber auch zugeben, dass sich neben dem vergessenen Bedürfnis nach Süßem auch noch ein paar andere positive Effekte gezeigt haben: Die Umstellung fiel mir persönlich erstaunlich leicht, eine „Atkins-Grippe“ hatte ich maximal für ein paar Stunden am dritten Tag nach Beginn der Diät. Dagegen waren die Unterzucker-Symptome, die mich sonst auf dem Weg von der Arbeit nach Hause schwindlig gemacht haben, verschwunden. Ich konnte auch eine Stunde Joggen oder ein hartes Krafttraining durchziehen, selbst wenn ich seit einem halben Tag nichts mehr gegessen hatte und vor allem ging die Energie dabei nie aus. Faszinierend! Darüber hinaus kein einziges Mal Migräne, ein Zyklus wie ein Uhrwerk, PMS wurde zum Fremdwort und ich habe noch nie in meinem Leben ein Frühjahr mit so wenig Allergietabletten überlebt wie zu Keto-Zeiten. Zufall oder Diäterfolg? Vielleicht mitunter auch die Tatsache, dass man sich bei so strengen Diäten angewöhnt, hochwertig und sauber zu essen. Kein künstliches Glutamat, keine Transfette,  kein Alkohol.

Was mir gefehlt hat, war erstens Obst. Nicht der Kuchen, der Süßkram oder sonstiges Junkfood ließen mich bei dem Gedanken, dass ich sie links oder rechts liegen lassen muss den Tränen nahekommen. Auch Nudeln und Pizza lassen mich bis heute noch kälter als ich es mir je zuvor hätte vorstellen können. Aber Mangos, Ananas, Bananen und das alles am liebsten in einer riesengroßen Schüssel vereint, etwas Honig oben drauf – es geht einfach nicht ohne. Zweiter Punkt: Brot, Semmeln und Brezen. Wobei ich dann festgestellt habe, dass ich eigentlich nur das Brot wirklich noch mag und auch nur dann, wenn zumindest ein paar Körnchen drin sind. Nach längerer Abstinenz schmeckt eine Breze irgendwie nur nach Pappe. Überwiegend dem Obst zuliebe habe ich in die anabole Diät gewechselt, bei der „Cheat Days“ erlaubt sind, von denen ich mir auch erhofft habe, wieder an einem halbwegs normalen Sozialleben partizipieren zu können. „Kennzeichnend für die anabole Diät ist eine sehr geringe Zufuhr an Kohlenhydraten, gleichzeitig sollte zum Muskelschutz eine hohe Eiweißzufuhr gewährleistet sein. Die anabole Diät wurde durch ihren einzigartigen Wechsel an “sauberen“ und “Refeed“ Tagen speziell für die Bedürfnisse eines Bodybuilders entwickelt. Der typische anabole Diät Ernährungsplan verfolgt das Ziel, die Muskelmasse zu erhalten bzw. zu steigern, während gleichzeitig massiv Fett aus den Depots verbrannt werden, ein guter Deal für jeden ernsthaft trainierenden Bodybuilder“ schreibt es Sportnahrung Engel auf der eigenen Homepage und schafft es damit bei Google ganz nach oben. Mein kurzes Resümee: Das funktioniert! Wer Masse aufbauen und dabei die Vorteile einer kohlenhydratreduzierten Diät mitnehmen will, kann das ja mal für sich testen. Ich habe es dann irgendwann bleiben lassen, weil ich morgens einfach zu gern Müsli mit Obst esse (und das nicht nur an ein bis zwei Tagen die Woche) und weil ich ganz geschlechtstypisch keinen Bock auf Masse habe – auch wenn ein Großteil davon vielleicht Muskeln ist.

Also heißt es unterm Strich Fressen bis der Arzt kommt und über die hohen Blutfettwerte schimpft, die man angeblich mit einer solchen Ernährungsweise provoziert? Ich habe sowohl während der mehrmonatigen Phasen, in der ich mich erst streng ketogen und dann nach den Regeln der anabolen Diät ernährt habe keinerlei negative Auswirkungen auf mein Blutbild feststellen können. Ob ich in zehn Jahren an einer Spätfolge sterbe, wird sich zeigen. Wir lesen uns im Oktober 2025 oder eben nicht. Häufigster Kritikpunkt, mit dem ich konfrontiert wurde war: „man braucht doch Kohlenhydrate, um zu überleben“. Ja, die braucht man, aber dazu muss man sie nicht von außen zuführen. Das bisschen Zucker, das der Körper braucht, um das Gehirn am Leben zu erhalten, synthetisiert er sich aus Proteinen, abgesehen davon, dass ja  wie bereits beschrieben in vielen Gemüsesorten und auch in Milchprodukten geringe Mengen enthalten sind. Keine Sorge, ein so großes Hirn hat keiner, dass er da Angst ums Überleben haben müsste. Gänzlich ekelhaft wird es für mich dann, wenn ich so manchem Bodybuilder bei seinem „Cheatday“ zusehe, wie er schon zum Frühstück Pizza, Burger und Kuchen in sich hineinstopft, um dann spätestens mittags mit Schnitzel und Pommes nachzulegen. Das erinnert mich ein wenig an die Mast von Tieren und auch wenn das wahrscheinlich in vielen Fällen sogar das erklärte Ziel ist, frage ich mich, wo wir da noch „Mensch“ sind und wie viel Genuss hinter dem Essen steht. Ich pauschalisiere ganz unfair und unterstelle einfach mal jedem, der an den Ladetagen nur Rotz in sich reinfrisst, dass er die Bedürfnisse seines Körpers und das, wozu dieser fähig ist, grundsätzlich nicht verstanden hat.

Nun ja, jetzt waren da die Muskeln und die Masse, ein neues Verständnis  für Essen und die Angewohnheit, Lebensmittel so hochwertig und rein wie möglich zu mir zu nehmen. Mein erstes lang ersehntes Käsebrot habe ich erst genossen, als ich den Käse und das Brot jeweils extra gegessen habe. Jedes Lebensmittel für sich schmeckt so gut, dass es in Kombination nur verliert. Für mich ein großer Gewinn. Mein eigentliches Ziel war aber doch, dünner zu werden. Fail! Aber egal, ich war gesund, hatte viel gelernt und eben nach wie vor ein paar Kilo mehr als ich gerne hätte. Zu dieser Zeit begegneten mir die ersten Menschen, die ich sehr lange kannte und zwar immer so, wie sie eben waren. Oft auch Sportler, die trotz regelmäßigen Trainings und bewusster Ernährung hier und da ein kleines Pölsterchen mit sich herumtrugen. Auf einmal waren sie mager, hatten eingefallene Augen und erzählten mir, dass sie nun endlich ihren Stoffwechsel neu programmiert haben und sich besser fühlten als je zuvor. Aha… Also bei einer Sache bin ich mir absolut sicher: Diäten können Narben im Stoffwechsel hinterlassen und es ist eben nicht ganz so einfach wie es oft propagiert wird, dass eine negative Energiebilanz zu Gewichtsverlust führt. Ich habe sogar festgestellt, dass die Kombination aus hartem Training und wenig Essen bei mir relativ schnell zu Speckpolstern führt. Ist doch klar, mein Körper denkt sich „Verdammt, was geht da denn? Super Stress und dann auch noch wenig zu essen! Da muss ich mir mal ein paar Vorräte anlegen, damit ich nächstes Mal besser klar komm, wenn das passiert!“ Habe ich gut gemacht mit dem Stress auf meinen Körper. Abnehmen: Fehlanzeige!

Da ist sie nun, die eierlegende Wollmilchsau, die all diese Stoffwechselnarben ins Nichts auflöst: HCG! Die Ursprünge dieser Diät, die öffentlichkeitswirksam als das nun endlich gelüftete Geheimnis der Hollywood-Schönheiten verkauft wird, liegen schon ein paar Jahre zurück: „Schon 1954 hat der englische Arzt Dr. Albert Simeons eine umstrittene Abnehmmethode mit dem Hormon entwickelt: Die Abnehmwilligen reduzierten ihre tägliche Energiezufuhr auf maximal 500 Kilokalorien. Zum Verständnis: Eine durchschnittliche Frau braucht am Tag rund 1900 Kilokalorien, ein Mann etwa 2400 Kilokalorien – die tatsächlichen Werte sind natürlich immer abhängig von Gewicht, Größe und körperlicher Aktivität und können damit auch höher ausfallen. Um angeblich ganz spezielle Fettdepots abzubauen, spritzte der Arzt den Diät-Treibenden während der Hungerzeit praktisch jeden Tag eine bestimmte Dosis HCG.“ schreibt Sophie Kelm in der Apothekenumschau vom  28.07.2014. Wie bitte? Man soll sich also Schwangerschaftshormone spritzen lassen, um eine körpereigene Genialität auszunutzen, die werdenden Müttern hilft, ihre Kinder auch bei kalorischer Unterversorgung ausreichend ernähren zu können? Dass da viele Menschen skeptisch werden, ist klar. Also denkt sich die Industrie etwas Neues aus: ein Globuli, das so tut, als wäre es HCG, ähnliche Wirkung zeigt und damit der absolute Schlüssel zum Diäterfolg ist. Nur 21 Tage strenge Diät und schon sind alle Stoffwechselschäden wegradiert. Hurra! Natürlich muss man um die Nährstoffunterversorgung zu kompensieren ein paar Supplemente zu sich nehmen, die man (Überraschung!) auch gleich beim Ernährungsberater des Vertrauens zum top Preis von irgendwas um die 300 € mit dazu bekommt. Naja, wirtschaftlich gesehen eine tolle Gelegenheit für bisher nur minder erfolgreiche Heilpraktiker und selbsternannte Lifecoaches, um per Schneeballsystem endlich mal ein bisschen Geld zu verdienen.

Ich habe mich lange geweigert, da mitzumachen. Am Ende überwogen die Neugier, was wirklich dahinter steckt und das nach wie vor in mir schwelende krankhafte Gefühl, vielleicht doch zu dick zu sein. Man mag aus meinen Worten vielleicht schon herauslesen, dass ich nicht zu den Verfechtern dieses HCG-Hypes gehöre. Die Gesundheits- und Lebensberater, die sich angegriffen fühlen, unterstellen mir jetzt sicherlich, dass es allein deswegen nicht funktioniert hat, weil ich von Anfang an dagegen war und so. Und überhaupt habe ich das alles nicht richtig verstanden und total viele Fehler dabei gemacht. Mag sein. Ich bin aber jemand, der etwas entweder macht oder nicht. Das heißt, ich bin auch an dieses Projekt ambitioniert herangegangen. Was ich nicht gemacht habe: Jemandem 300 € dafür bezahlt, dass er mir ein vorgefertigtes Konzept samt Supplemente in einer Schachtel überreicht und mir zu meinem neuen Leben mit einem neu programmierten Stoffwechsel beglückwünscht. Ich habe mich in die grundsätzliche Theorie eingelesen, die hinter dem Konzept steht und sämtliche Anwendungsempfehlungen studiert, die der deutschsprachige und der amerikanische Markt zu diesem Thema zu bieten haben. Ich habe mir Globuli und Nahrungsergänzungsmittel gemäß Empfehlung gekauft (wenn auch teilweise von anderen Herstellern) und einen Ernährungsplan aufgestellt. 21 Tage Diät, 21 Tage Stabilisierungsphase und danach der langsame und schrittweise Weg zurück zu einem normalen Alltag. Ich mache es kurz: Meinem Körper fehlen wohl die Rezeptoren für dieses homöopathische Informations-Gedöns, das angeblich dafür sorgt, dass ich trotz nur 500 kcal am Tag keinen Hunger verspüre und glücklich und zufrieden durch den Alltag springen kann wie ein junges Pony, das im Frühling zum ersten Mal auf die Weide darf. Selbst mit 800 kcal, auf die ich irgendwann im Angesicht des Hungertodes hochgegangen bin, ging ich durch die Hölle. Die ersten paar Tage waren ok. Kraftlosigkeit, Müdigkeit und unglaublich schlechte Stimmung, die im Stundentakt zwischen Depression und Aggression hin- und herschwankte bestimmten aber Woche zwei und drei der Diätphase. Ich habe schon viel ausprobiert, war viel krank in meinem Leben, aber so schlecht habe ich mich selten gefühlt. ABER: fünf überschüssige Nichtraucher-, Jojo- und Stoffwechselschaden-Kilos waren weg. Von den Sportlern in meinem Umfeld erntete ich Komplimente, der Rest meiner Mitmenschen fragte mich, ob ich krank sei. Ein halbes Jahr später sind von den fünf Kilos drei wieder da. Trotz überwiegend ausgeglichener Ernährung (moderates Lowcarb) und regelmäßiger Bewegung (im Schnitt eine Stunde Sport an fünf Tagen die Woche). Sicher wird mir ein professioneller HCG-Stoffwechsel-Diät-Coach sagen können, was ich falsch gemacht habe und sein Dogma weiter vertreten. Ich für mich habe beschlossen, dass ich nur noch auf HCG setzen werde, falls es mein Körper irgendwann einmal freiwillig selbst produziert und ansonsten lieber wieder auf solche Experimente verzichte. Nichtsdestotrotz habe ich Menschen getroffen, denen es mit dieser Diät gut ging und ich glaube ihnen. Ich denke, gerade für Übergewichtige, bei denen im Vordergrund steht, mit dem Abnehmen einfach endlich anzufangen, kann das ein Einstieg sein, der vielleicht aufgrund der schnell sichtbaren Erfolge einen Motivationsflow lostreten kann. Das Herunterfahren der Kalorien, die Auseinandersetzung mit Lebensmitteln und das Brechen mit alten Gewohnheiten bringen für mich ohne Zweifel immer die Chance mit sich, von vorne anzufangen und sich gesund und bewusst zu ernähren.

Der Weg ist das Ziel und Stress macht auch nicht schlanker

Ich stehe nach all diesen Selbstversuchen am Ende mit ungefähr demselben Gewicht da wie zuvor. Ich bin lediglich ein wenig schlauer geworden, habe mein Bewusstsein für meinen Grenzen und Möglichkeiten wieder ein Stück geschärft, habe neue Signale meines Körpers entdeckt und zu verstehen gelernt und ich fühle mich gesund und fit. Ich glaube, mein Cortisolspiegel dankt es mir, wenn ich mir nicht vor jeder Mahlzeit zwei Stunden lang den Kopf darüber zerbreche, wieviel wovon ich wann essen darf und beim Blick auf die Verbotsliste einfach nur Hunger bekomme. Immerhin macht Cortisol am Ende ja auch nur fett. Vorerst bin ich also mal durch mit dem Wort „Diät“ in dem Sinne, wie es heute in inhaltsleeren Frauenzeitschriften interpretiert wird: „All eyes on calories“, weniger, cleaner, disziplinierter. Während man in den 90ern die spießige Gesellschaft mit blauen Haaren und Löchern in den Jeans provoziert hat, isst man heute von irgendetwas ganz viel und dafür von etwas anderem gar nichts, auch um denen, die irgendwie so beneidenswert glücklich und zufrieden wirken, ihre mangelnde Disziplin und unerhörte Ignoranz vor Augen zu halten. Diese Kretins treffen sich doch tatsächlich mit ihren Freunden zum Essen, lassen es sich schmecken und genießen den Abend, während wir Diät-Junkies stolz unsere Erfolge bei Facebook posten und so tun als wären wir damit irgendjemandem überlegen.

Bis die Ernährungs-Weltformel endgültig gefunden und belegt wurde, empfehle ich also einfach viele Ballaststoffe. Es kommt am Ende doch so und so irgendwie nur Scheiß raus, dann rutscht er wenigstens leichter!

Samstag, 7. Februar 2015

Tief durchatmen, Männer! Wir sind doch hier nicht beim Billig-Porno, oder?


Er ist irgendwo am anderen Ende des Raumes. Ich kann ihn nicht sehen, große Apparaturen aus Metall und Leder versperren mir die Sicht, das Licht ist schummrig. Ich höre genau hin. Langsam wird sein Atem schneller und er fängt an, erst leise, dann immer lauter zu stöhnen. Wer ist er? Was ist es, was ihn so in Wallung bringt? Die Luft ist schwülwarm und ein leichter Schweißgeruch erfüllt den Raum. Und während ich versuche, mir langsam und unbemerkt den Weg durch den Raum in seine Richtung zu bahnen, wird das Stöhnen immer lauter.
  
„Wuuuuaaaahhhhhhhhhhhh… Uuuarrrrghh… Pfffttttzzzzzhhhhh…!“
   
Na dann prost Mahlzeit! Schon wieder einer dieser halb trainierten, halb speckigen, aber dafür umso selbstbewussteren Wannabe-Pumper, der jeden seiner unsauber ausgeführten Bizepscurls mit Geräuschen untermalt, die mir noch das Mittagessen von vorgestern wieder hochkommen lassen. Kurz überlege ich, inwieweit ich evolutionsbiologisch wirklich dazu verpflichtet bin, mich zur Erhaltung unserer Art mit dem männlichen Geschlecht einzulassen und was ich tun kann, um mich dieser Verantwortung für den Rest meines Lebens zu entziehen. Zum Glück begegnen mir außerhalb der Freihantelbereiche von 15-Euro-monatlich-Fitnessstudios hier und da auch angenehmere Exemplare dieser Spezies, so dass ich mit meiner sexuellen Orientierung auch wieder ins Reine komme, sobald ich die traumatischen Ereignisse verarbeitet habe. Bis zwei Tage später die nächste Trainingseinheit ansteht und die Geschichte wieder von vorne los geht...

Kampf- oder auch Hochleistungskraftsportler sind der lebendige Beweis dafür, dass abruptes und geräuschvolles Ausstoßen von Luft aus den Lungen durchaus unterstützende Wirkung in Sachen Maximal- und Explosivkraft haben kann. Aber auch das ist eine Frage der Technik und des gezielten Einsatzes. Die gequälten Stöhnlaute, mit denen manche Möchtegernsportler jede einzelne ihrer je 3 x 12 Übungswiederholungen untermalen, hat damit nichts zu tun und birgt genau genommen sogar gesundheitliche Risiken. Der durch Pressatmung provozierte extreme Anstieg des Bluthochdrucks kann unter gewissen Umständen zum Beispiel zu Gefäßschädigungen führen.

Deshalb frage ich mich und euch ganz ernsthaft: Warum nur? Und warum sind es fast ausschließlich Männer, die durch die Muckibuden schreien, wie wenn es um Leben und Tod ging oder wie wenn Letzterer gar bereits kurz bevorstünde und sie der Nachwelt nur noch ihr akustisches Erbe hinterlassen wollen, bevor sie einem qualvollen Untergang entgegenleiden. „Frauen trainieren einfach nicht so hart“ höre ich da schon den ein oder anderen grummeln. Neulich habe ich mir den Spaß erlaubt und abgewartet, bis einer dieser 150-Dezibel-Stöhner an der Multipresse fertig war, habe demonstrativ auf beiden Seiten der Stange je noch eine 5-kg-Scheibe dazugepackt und zwei Wiederholungen mehr gemacht als er. Selbstverständlich habe ich darauf geachtet, dass mir seine sowie die Aufmerksamkeit seiner Trainingsbuddies sicher ist (ein weit ausgeschnittenes Sporttop wirkt bei diesem Klientel wahre Wunder!) und selbst wenn es mich fast eine Knie- und zwei Bandscheiben gekostet hat, das war es mir wert. Und hey – Surprise! Suprise! – ich musste dabei nicht schreien, wie wenn ich gerade ein Kind gebären würde. 

Warum das Ganze also? Kann mir das irgendwer mal erklären? Ich meine, dass es einem hier und da bei der ganzen Anstrengung mal einen Laut rausreißt ist doch klar. Sport soll schließlich auch irgendwie emotional sein, sonst können wir ja gleich alle zweimal die Woche für 15 Minuten ins EMS-Studio gehen und gut ist's. Aber das gesamte Trainingsprogramm lauthals durchblöken bis sämtliche anwesenden weiblichen Gäste PMS-ähnliche Zustände bekommen? Wenn ihr es echt nicht mehr schafft zu atmen, dann packt lieber ein paar Kilo weniger drauf und führt die Bewegungen so aus, dass die normalen Körperfunktionen noch aufrecht erhalten werden können – euer Kreislauf und euer Herz werden es euch danken! Wenn es um die Maximalkraft geht, schreit euch von mir aus die Seele aus dem Leib. Das ist dann ja nur ein oder zwei Mal pro Kerl und Tag. Dann können wir so tun, als hätten wir es nicht gehört, Fremdschäm- und Ekelfaktor bleiben im bewältigbaren Bereich und wir können Euch beim nächsten Treffen vielleicht auch noch in die Augen sehen.

In diesem Sinne: Tief durchatmen, Männer – außer ihr wollt ins billige Pornogeschäft. Aber selbst da wäre ich vorsichtig. Denn ich kann mir vorstellen, dass die Frauen, die auf Schmutzfilmchen stehen, in denen Männer solch ekelhaft penetrante und nicht enden wollende Grunzgeräusche von sich geben, nicht in eure bevorzugte Zielgruppe fallen. Buäh! Ich atme ein, ich atme aus…